2010 wollte ein Arbeitskollege seine Zweitmaschine, eine Reiseenduro Honda Varadero verkaufen. Die Maschine war da zwar schon 10 Jahre alt, hatte aber nur 16.000 Km auf der Uhr. Für die gewünschten 3.000 € konnte ich nicht nein sagen.
Ein ausgereifter und ausgewogener V2- Motor mit Leistung satt, ein großes und tragfähiges Fahrwerk …. Damit machte das Reisen Spaß. Auch große Distanzen unter Reisegeschwindigkeiten von 160 – 180 Km/h waren kein Problem. Wenn es dann mal hastiger zugehen mußte, lief sie auch 220 Km/h. Die „Kinderkrankheiten“ waren schon alle bekannt und leicht abzustellen, etwa härtere Federn, modifizierte Steuerkettenspanner und Benzinpumpe. Die Verarbeitungsqualität war über jeden Zweifel erhaben, denn die SD01 war noch in Japan produziert worden. Da rappelte und gammelte nix. Einzig der Verbrauch war bei dem Vergasermotor ein ärgerlicher Faktor: 7 l waren fast schon das Minimum. In vollem Ornat und bei höherer Geschwindigkeit schnorchelten auch schnell über 10 l durch die Vergaser. Dafür faßte aber auch der Tank 27 l.
Das Fahrgefühl mit dem Motor und dem Fahrwerk war toll. Ein Kollege schrieb einmal in einem Forum: „Vara fahren ist, als wenn Mutti dich auf den Arm nimmt und durch die böse Welt trägt“.
Damals hatte ich noch geraucht. Bei offenem Helm war es hinter der Scheibe bis 130 Km/h kein Problem, eine Fluppe zu schmöken 🙂
Einmal hat mir die Dicke mit ihrer Spurtkraft auch die Gräten gerettet: 2018 war vor mir auf der A1 bei gut 170 Km/h ein Auto direkt vor mir ins Schleudern geraten. Für eine Vollbremsung ohne ABS war es wohl schon zu eng. Ein Auto neben mir machte geistesgegenwärtig Platz – also fix und ohne Kupplung auf den Schalthebel gelatscht und voll am Kabel gezogen. Die Dicke machte einen Satz nach vorne und ich konnte so gerade an dem wirbelnden Auto vorbei kommen. … Mutti hatte mich also sicher durch die böse Welt getragen 🙂
Aber danach hatte ich irgendwie kein gutes Gefühl mehr bei langen und schnellen Fahrten. Außerdem merkte ich, daß die 6 Zentner Gewicht und die Leistung anfingen, mich zu überfordern. Also habe ich die Maschine nach 12 Jahren schweren Herzens verkauft. Der Käufer, ein 2,05 m- Mann war froh, endlich eine Maschine gefunden zu haben, die groß genug für ihn war.